«Schaffe, schaffe, schaffe – das ist mein Erfolgsrezept»

Nach einer beeindruckenden Saison mit historischen Erfolgen spricht der Schweizer Eventingreiter Felix Vogg über seinen 5*-Sieg in Maryland, seine Trainingsphilosophie, den Umgang mit Rückschlägen und die Zusammenarbeit mit seiner Partnerin und österreichischen Eventingreiterin Lea Siegl.

Sieg des 5*-Events in Maryland (USA) 2025: Felix Vogg mit Cartania | ©Equiconsulting

Felix Vogg, du hast nach der EM in Blenheim direkt weitergemacht und mit Cartania Geschichte geschrieben: Sieg in der 5*-Prüfung in Maryland. Wie kam es dazu? 

Ich musste nach meiner Verletzung umplanen, weil Burghley nicht möglich war. Dann ergab sich Unterstützung seitens der Veranstalter in den USA, und ich entschied, dass Maryland für Cartania besser geeignet ist als Pau. Je anspruchsvoller und hügeliger die Strecke, desto wohler fühlt sie sich.

«In Maryland hat einfach die ganze Woche alles zusammengepasst»

Ich hatte sie gezielt auf dieses Event vorbereitet – ähnlich wie damals Colero (beim Sieg in der 5*-Prüfung in Luhmühlen 2022). Die gesamte Woche war sie in Topform, vom ersten Tag an. Ich hatte das Gefühl, dass ein Sieg möglich ist, wenn ich alles sauber umsetze und auf die Details achte. Die schwierige Geländestrecke und der anspruchsvolle Parcours kamen ihr entgegen. Auch die Dressur lief überragend. Am Ende hat einfach alles gestimmt.

Nur eine Woche später hast du mit Colero die 4*-Prüfung in Pratoni gewonnen. Was macht dich und deine Erfolge aus? Was ist dein Erfolgsrezept? 

Mein Erfolgsrezept ist simpel: Schaffe, schaffe, schaffe... Nicht aufhören, auch wenn man müde ist oder es schwierig wird. Mir geht es weniger um Schleifen oder Platzierungen, sondern darum, Pferde wirklich auszubilden. Ich möchte etwas schaffen, das andere vielleicht in den Pferden nicht sehen oder mit ihnen nicht erreichen. Dieses Jahr hatte ich vor Avenches Ende Juli kaum Topresultate – weil ich mich wie auch meine Pferde bewusst zurückgehalten habe, bis alles wirklich bereit war.

«Erfolg entsteht nicht über Nacht – sondern durch Ausdauer»

Gewinnen soll nicht Zufall sein, sondern planbar. Und wenn etwas am Anfang einer Geländerunde nicht passt, dann reite ich auch bewusst langsam weiter – selbst, wenn ich nach der Dressur weit vorne liege. Mir ist wichtiger, dass ein Pferd richtig lernt, als dass eine Schleife im Stall hängt. Am Ende zählt, dass man Pferde fair behandelt und langfristig gesund erhält.

Kurz vor der EM hattest du einen Unfall und konntest eine Zeit lang überhaupt nicht reiten. Was ist passiert – und wie wurdest du rechtzeitig wieder fit? 

Ich bin Ende August in Saulieu in Frankreich gestürzt. Mein Pferd hat sich im Wasser verschätzt, wir sind gestürzt und ich bin mit der Schulter auf die recht grossen Steine, die im Wasser lagen, aufgeprallt. Danach war mein Arm teilweise gelähmt – ich konnte nur noch die Finger bewegen. Zuerst dachte man an einen Bruch, letztlich war es aber eine starke Nervenirritation.

Felix Vogg und Frieda anlässlich der Europameisterschaft in Blenheim (GBR) | ©FEI

«Das Unmögliche möglich gemacht» – Felix Vogg über seinen schweren Sturz.

Ich wurde durch intensive Physiotherapie und Training wieder fit. Wir haben täglich, oft vier Stunden pro Tag, gearbeitet. Die Ärzte meinten, ein Start in Burghley oder an der EM sei ausgeschlossen – aber ich wollte nicht aufgeben. Das ging jedoch auch nur, weil ich wirklich erstklassig betreut wurde. Bei der EM war ich wieder etwa 70–80% fit. Jetzt bin ich fast wieder bei 100%. Es knackt hier und da noch zwischendurch, aber grundsätzlich funktioniert alles.

Deine Lebenspartnerin Lea Siegl reitet ebenfalls 5*-Prüfungen. Ihr scheint euch gegenseitig zu pushen. Wie erlebst du das? 

Lea ist zu mir gezogen und ist damit in ein für sie neues System eingetaucht. Wir haben viel angepasst und sie setzt vieles davon konsequent um. Das kostet Energie, aber es lohnt sich – ihre Leistungen in Pau, Luhmühlen und an der EM zeigen das.

Lea Sigl mit Van Helsing P anlässlich der Europameisterschaft in Blenheim (GBR) | ©FEI

Felix Vogg über das Teamwork mit Lea Siegl: «Es motiviert uns beide»

Natürlich bedeutet das auch, dass ich mich zeitweise mehr auf sie konzentriert habe und meine eigenen Resultate weniger im Vordergrund standen. Aber wir suchen eine Balance. Es ist schön zu sehen, dass das System nicht nur bei mir, sondern auch bei anderen funktioniert. Und ich profitiere ebenfalls davon, wenn sie mal ein Pferd von mir reitet oder mir Feedback gibt.

Die Saison ist vorbei – was passiert jetzt mit deinen Pferden? Wie sieht das Wintertraining aus? 

Cartania war als Erste in der Pause, sie wird bereits wieder langsam aufgebaut – Badminton ist unser grosses Ziel. Im Dezember steht viel ruhige Basisarbeit an – häufig Ausreiten im Gelände, im Wald oder auf der Straße. Auf die Halle und den Sandplatz wird weitgehend verzichtet, damit Gelenke und Sehnen schonend wieder aktiviert und nach und nach belastet werden können, ohne dass die Pferde überbeansprucht werden.

Winterpause & Wintertraining: «Jetzt ist Basisarbeit gefragt»

Colero bekommt bis Januar frei, weil er schnell Muskulatur aufbaut. Frieda hingegen tut eine lange Pause nicht gut, sie fühlt sich besser im konstanten Training. Die sieben- und achtjährigen Pferde arbeiten grösstenteils weiter – viele sind noch nicht so weit wie andere und brauchen die Zeit.

Machst du selbst eigentlich auch mal Ferien? 

Ich versuche einmal im Jahr wegzufahren, obwohl an Weihnachten und Neujahr meist durchgearbeitet wird. Manchmal gelingt ein freier Tag pro Woche, manchmal nicht. Wenn ich frei habe, beschäftige ich mich oft mit anderen Themen und bilde mich weiter. Ich baue derzeit neben dem Reiten noch ein zweites Standbein auf – für die Zukunft, für Stabilität und auch finanzielle Unabhängigkeit.

Über Ferien: «Einmal im Jahr muss sein – irgendwie»

Wann startet deine Saison 2026 und was planst du? 

Die Turniersaison beginnt Ende Februar oder Anfang März. Mit Cartania plane ich in  Badminton und später in Burghley zu starten. Für Frieda sehe ich mittelfristig die WM, eventuell mit einem späteren 5*-Einstieg, wenn es passt. Auch Dao und Colero haben WM-Potenzial – bei Colero entscheide ich von Turnier zu Turnier, er darf starten, solange er Freude hat, in Pratoni hatte er auf jeden Fall grossen Spass. Sobald er uns jedoch zeigt, dass er lieber aufhören möchte, wird er in seine wohlverdiente Rente geschickt.

Und die jungen Pferde sollen Zeit erhalten, sich Schritt für Schritt und individuell weiterentwickeln zu können.

Saison 2026: «Badminton, Burghley, WM – die Ziele sind klar»

Was möchtest du jungen Eventing-Reiter:innen mitgeben? 

Arbeiten, dranbleiben, nie aufgeben. Erfolge kommen nicht von allein und selten schnell. Der Sport ist eine Achterbahn – nach jedem Tief geht es irgendwann wieder bergauf.

«Niemals aufgeben – und fair bleiben»

Und das Wichtigste: Fair zum Pferd bleiben. Pferde machen nichts absichtlich falsch. In 99% der Fälle liegt die Ursache beim Reiter. Wer das versteht, kommt weiter – und schläft am Ende auch besser.