Die Schweizermeisterschaften im Voltigieren vereinen die nationale Elite dieses spektakulären Sports. Unter den prägenden Persönlichkeiten nimmt Monika Winkler-Bischofberger eine besondere Rolle ein. Seit 2007 vertritt sie mit ihrem Elite-Team immer wieder die Schweiz auf den grossen internationalen Bühnen – von Welt- bis Europameisterschaften – und hat zahlreiche Medaillen für die Schweiz gewonnen. Als erfahrene Longenführerin und leidenschaftliche Trainerin ist sie zudem J+S-Expertin und Ausbildnerin im Leistungssport. Mit ihrem Engagement, ihrer Erfahrung und ihrer Fähigkeit, die entscheidende Verbindung zwischen Pferd, Voltigierern und Team herzustellen, ist sie zu einer Schlüsselfigur der Schweizer Voltigeszene geworden.
Monika, was bringt dir deine Doppelfunktion als Longenführerin und Trainerin? Wie ergänzen sich diese beiden Aufgaben?
Seit 2007 war ich mit meinem Elite-Team und Elite-Einzelvoltigerinnen fast ununterbrochen an Welt- und Europameisterschaften sowie an Weltreiterspielen am Start für die Schweiz. Abgesehen von den Pandemiejahren konnten wir jedes Jahr ein tolles, leistungsstarkes Team zusammenstellen und zahlreiche Medaillen für die Schweiz gewinnen – sowohl im Team wie auch im Einzel.
Meine Rolle als Longenführerin ist sehr vielfältig. Ich erstelle den Trainingsplan für meine Pferde, welcher Abwechslung bieten soll. Longenarbeit beim Voltigetraining, Dressurarbeit, Ausreiten, Weide, und auch Gymnastik gehören dazu. Als Trainerin begleite ich die Voltigierer in ihrer physischen, künstlerischen und mentalen Vorbereitung. Beide Aufgaben ergänzen sich perfekt: Wenn ich die Athleten besser verstehe, kann ich meine Arbeit mit dem Pferd anpassen – und umgekehrt. Diese Vielseitigkeit macht mein grosses, intensives Hobby Voltige so spannend.
Wie wählt man ein Voltigierpferd aus? Nach welchen Kriterien entscheidest du?
Ein gutes Voltigierpferd muss in erster Linie gesund sein und einen starken, ausgeglichenen Charakter haben. Ein Voltigepferd sollte eine gute Arbeitseinstellung haben und gerne und leicht galoppieren. Wünschenswert ist eine ökonomische Galoppade, ein Galopp mit wenig Aufwand. Ebenso ist eine gute Balance von grossem Vorteil. Das Pferd benötigt genug «Go», und trotzdem muss es klar im Kopf sein. In stressigen Situationen soll es noch händelbar sein und mit kühlem Kopf reagieren.
Voltige ist ein besonderer Sport, weil er mehrere Dimensionen vereint: Er ist sowohl Pferdesport als auch Teamsport. Das Pferd ist daher nicht nur ein Athlet, sondern auch ein Partner, dem man absolut vertrauen können, soll, muss. Das ist entscheidend – nicht nur für die Leistung, sondern auch für die Sicherheit und die Harmonie des gesamten Teams.
Was sind die Grundlagen im Training eines Voltigierpferdes, um Vertrauen und Stabilität zu entwickeln?
Das Wichtigste ist, eine dauerhafte Vertrauensbasis zu schaffen. Das Pferd muss lernen, entspannt und konzentriert zu bleiben, selbst wenn mehrere Menschen um es herum sind oder akrobatische Figuren auf seinem Rücken gezeigt werden.
Pferde entwickeln sich im Laufe der Zeit: Sie können in gewissen Phasen und Jahreszeiten fitter oder weniger leistungsfähig sein. Deshalb müssen Longenführer und Trainer jederzeit aufmerksam bleiben und ihr Training laufend anpassen. Was vor sechs Monaten gut funktioniert hat, ist heute vielleicht nicht mehr passend.
Was ist deine Hauptaufgabe als Longenführerin?
Ich bin das Bindeglied zwischen Pferd und Voltigierer. Meine Aufgabe ist es, das Pferd beim Aufwärmen gut vorzubereiten. Ich arbeite an Takt, Losgelassenheit, Schwung und Anlehnung. Ich möchten einen gleichmassigen Rhythmus halten, dem Pferd Sicherheit zu geben und optimale Bedingungen zu schaffen, damit der Voltigierer seine Leistung abrufen kann. Das verlangt viel Erfahrung, stetiges Wachsam sein und Anpassen. Ebenso Konzentration , den Fokus behalten auf Pferd und Athlet, weil man ständig antizipieren und schnell reagieren muss.
Eine Longenführerin zu sein bedeutet nicht nur, die Longe zu halten – es geht darum, das Gleichgewicht, die Dynamik und die Harmonie des gesamten Ablaufs zu steuern.
Kurz vor den Schweizermeisterschaften: Was sind eure Ziele mit deinem Team und deinem Pferd?
Unser Ziel ist es, das Beste aus uns herauszuholen und die Schweiz würdig zu vertreten. Wir möchten eine saubere, harmonische und ausgewogene Leistung zeigen, die das Engagement des ganzen Teams widerspiegelt.
Die Schweizermeisterschaften sind auch eine Gelegenheit, Fortschritte zu messen, Schwachstellen zu erkennen und gemeinsam unvergessliche Momente zu erleben. Natürlich ist eine Medaille immer eine Motivation, aber das Wichtigste ist, ein Programm zu präsentieren, das uns als Team entspricht und in dem Pferd, Voltigierer und Longenführerin eine Einheit bilden.
Welchen Rat würdest du einem jungen Voltigierer oder jemandem, der Longenführer werden möchte, geben?
Voltige ist eine unglaublich vielfältige Disziplin, die viel Einsatz und Arbeit erfordert. Mein erster Rat an junge Voltigierer ist, nicht nur auf den Trainer zu hören, sondern auch selbst Verantwortung zu übernehmen, neugierig zu sein und Eigeninitiative zu zeigen. Voltige ist eine wunderbare Sportart – besonders für Kinder und Jugendliche –, weil sie im Team stattfindet. Man ist nie alleine: Man gehört zu einer Gruppe und bildet zugleich ein Trio mit Longenführer und Pferd. Dieser Mix aus Pferdesport, Teamgeist und Bewegung macht die Voltige einzigartig. Zudem ist sie finanziell zugänglicher als viele andere Pferdesportarten, weil man das Pferd teilt.
Für die Longenführer lautet mein wichtigster Rat: Glaubt nie, dass ihr schon alles wisst. Auch mit viel Erfahrung muss man sich immer wieder hinterfragen. Es gibt kein Patentrezept für ein Pferd – jedes entwickelt sich weiter. Was vor sechs Monaten funktioniert hat, passt vielleicht heute nicht mehr. Pferde durchlaufen verschiedene Phasen, mal sind sie leistungsfähiger, mal weniger fit. Nur wer aufmerksam, flexibel und offen für Veränderungen bleibt, kann in dieser anspruchsvollen Rolle wirklich Fortschritte machen.