«Mir ist es wichtig, dass sich die Pferde wohlfühlen bei dem, was wir machen»

Felix Vogg ist seit vielen Jahren ein erfahrener Championatsreiter im Eventing und eine wichtige Stütze im Schweizer Team. Auch an der Europameisterschaft, die vom 18. bis 21. September 2025 in Blenheim (GBR) stattfindet, wird er am Start sein – mit der 12-jähirgen Holsteiner-Stute Frieda. Im Gespräch erzählt Felix, was diese Stute einzigartig macht, wie seine Vorbereitung aussieht und was seine Ziele an dieser Europameisterschaft sind.

© Equuis Photograpy

Die sportliche Karriere von Felix Vogg begann schon bei den Ponys, wo er bereits Europameisterschaften bestritt. Es folgte die Zeit der Junioren und Jungen Reiter, und schliesslich die Elite mit zahlreichen Selektionen für Welt- und Europameisterschaften sowie der Teilnahme an bisher drei Olympischen Spielen. Heute ist der 35-Jährige eine feste Grösse im Schweizer Eventing.

Felix Vogg, du hast mehrere absolute Spitzen-Pferde unter dem Sattel. Wie hast du dich entschieden, welches du in Blenheim reiten wirst?

Es ist richtig, ich habe viele hervorragende Pferde im Stall, unter andrem Dao de l’Océan (Besitzer: Phoenix Eventing Sàrl), Colero (Besitzer: Jürgen Vogg) und Cartania (Besitzer: Vogg Felix & Phoenix Eventing Sàrl). Aber eben auch Frieda, eine 12-jährige Hollsteiner-Stute (Besitzer: Phoenix Eventing Sàrl & Vogg Felix). Sie steht manchmal etwas im Schatten der anderen Spitzenpferde. Sie ist noch etwas weniger erfahren, hat aber auch grosses Potenzial. Ihr wollte ich dieses Jahr mehr Aufmerksamkeit schenken, und habe sie gezielt auf diese Europameisterschaft vorbereitet.

Erzähl uns von Frieda!

Frieda habe ich als 5-Jährig in England kennengelernt. Sie ist sehr sensibel und nicht ganz einfach, aber ich mag schwierige Pferde. Schon als junges Pferd war ich von ihrem Potenzial überzeugt, obwohl sie nicht den idealen Körper hat für unseren Sport. Sie ist sehr menschenbezogen und «gesprächig» – kommuniziert ihre Bedürfnisse sehr klar. Ihr grösstes Handicap ist ihre Angst vor anderen Pferden. Sie kann problemlos mit anderen Pferden auf die Weide, aber beim Reiten oder Führen an der Hand kann sie bei Begegnungen mit anderen Pferden panisch werden. Wir arbeiten daran, aber es bleibt schwierig. Ich hoffe, dass es mit zunehmendem Selbstbewusstsein irgendwann verschwindet.

Du bis vor Kurzem mit deinen Pferden in einen neuen Stall in der Nähe von Genf gezogen. Wie kam es dazu?

Ja, das ist richtig. Der Stall liegt in Frankreich, direkt an der Schwizer Grenze bei Genf. Das ist die Anlage von Stéphanie Hoffmann, der Besitzerin mehrerer Pferde, die ich reite. Es war schon länger ihr Wunsch, dass ich in ihre Nähe ziehe mit den Pferden. Schliesslich ist eines zum andren gekommen. Der Umzug eröffnet mir nicht nur neue Trainingsmöglichkeiten, sondern ist auch eine Gelegenheit, Stéphanie etwas zurückzugeben. Es ist eine tolle Anlage mit allen, was das Herz eines Eventing-Reiters begehrt: einer grossen Reithalle, einem grossen Aussenplatz, feste Hindernisse, einer Rennbahn auf Sand, die hoch und runter geht… Die Anlage wurde lange nicht genutzt, sodass der Boden an manchen Stellen nicht optimal ist – aber wir arbeiten daran.

Man hört es raus: Eventing-Pferde müssen vielseitig trainiert werden, was sehr aufwändig ist, gerade wenn man mehrere Spitzenpferde «im Schuss» halten muss. Wie sieht dein Trainingsalltag mit deinen Spitzenpferden aus?

Kurz gesagt: früh aufstehen, spät ins Bett gehen (lacht). Da gibt es nichts schönzureden, es ist viel Arbeit. Früher hatte ich nebst den Eventern auch noch Springpferde, aber ich musste einsehen, dass ich dafür einfach nicht auch noch Zeit habe. Es fällt mir schwer, nein zu sagen, wenn ich ein tolles Pferd reiten darf. Und es ist auch nicht meine Art, gleich aufzugeben, wenn es nicht ein absolutes Top-Pferd ist.

Ich verfüge auch über sehr gute junge Pferde. Diese sind im Moment aber in Norddeutschland in Beritt, da es dort einfach mehr Möglichkeiten gibt, junge Eventer an den Turniersport heranzuführen.

Das Reiten ist das eine, aber zur Ausbildung gehört noch viel mehr. Man muss mit den Pferden auch Zeit neben dem Reiten Zeit verbringen, um Vertrauen aufzubauen und ihre Bedürfnisse zu verstehen – gerade bei schwierigen Pferden.

An einem Championat wie der Europameisterschaft in Blenheim hast du tatsächlich viel Zeit für dein Pferd. Was braucht Frieda in so einer Situation, um ihre Bestleistung abrufen zu können?

Frieda braucht viel Aufmerksamkeit – sie will dazugehören. Sie mag es, wenn man vor ihrer Box sitzt, mit ihr spazieren geht, mit ihr grast. Sie ist extrem mitteilungsbedürftig und will wahrgenommen werden. Aufgrund ihrer Angst vor anderen Pferden versuche ich das Reiten auf die frühen Morgenstunden oder auf die ruhigere Mittagspause zu legen, damit sie sich nicht so aufregen muss. Ich bin immer froh, wenn meine Startzeiten am Anfang oder am Ende des Starterfelds sind, damit nicht zu viele Pferde gleichzeitig beim Abreiten sind. Oder ich versuche, den Abreitplatz zu vermeiden und sie zum Beispiel im Wald aufzuwärmen, wenn die Möglichkeit besteht.

Mir ist es wichtig, dass sich die Pferde wohlfühlen bei dem, was wir machen. Dafür passe ich mich an ihre Bedürfnisse an.

Trotzdem müssen an einer Europameisterschaft doch auch die Resultate stimmen. Was hast du dir mit Frieda in Blenheim vorgenommen?

Natürlich fordere ich sportliche Leistung von den Pferden, aber immer unter Berücksichtigung ihrer aktuellen Möglichkeiten. Wichtiger als das absolute Resultat ist mir, dass die Entwicklung stimmt und die Pferde sich entfalten können. Ich habe das Glück, mit Stéphanie eine Pferdebesitzerin an meiner Seite zu haben, die das versteht und unterstützt. Klar wollen wir das Maximum aus unseren Pferden herausholen, aber so, dass das Pferd sich wohlfühlt und langfristig gesund bleibt.

Für Frieda ist Blenheim das erste Championat überhaupt. Aber sie ist die ganze Saison gut gelaufen. Leider verlief unsere Vorbereitung nicht ganz wunschgemäss, da Frieda im Sommer einen kleinen Infekt auskurieren musste und ich selbst im August an einem Turnier gestürzt bin und eine Weile nicht reiten konnte. Aber jetzt fühlen wir uns beide wieder fit und bereit für die Europameisterschaft.

Im Einzel ist mein Ziel eine Klassierung in den Top 20, und ich will einen Beitrag zu einem guten Team-Ergebnis leisten. Wir alle reiten mittelfristig mit dem Ziel, nächstes Jahr an der Weltmeisterschaft in Aachen (GER) vorne mitzureiten. Auf dem Weg dahin ist Blenheim ein Etappenziel und wichtiger Gradmesser. Darauf freue ich mich!

Das Schweizer Team:

  • Robin Godel mit Global DHI (Besitzer: Catherine Brünisholz)
  • Mélody Johner mit Erin (Besitzer: Mélody Johner, Syndicat Gama)
  • Nadja Minder mit Toblerone CH (Besitzerin: Nicole Basieux), Swiss Equestrian Top Talent
  • Felix Vogg mit Frieda (Besitzer: Phoenix Eventing Sàrl, Felix Vogg)

  • Equipenchef: Dominik Burger
  • Equipentierärztin: Antonia Müller
  • Dressurcoach: Gilles Ngovan
  • Geländecoach: Andrew Nicholson
  • Springcoach: Markus Fuchs