«Für mich ist die Schweizermeisterschaft ein Highlight der Saison!»

Adrienne Speidel hat viele verschiedene Hüte an: Sie ist nicht nur Präsidentin des NRHA Schweiz, sondern auch Kaderreiterin Elite Reining, OK-Mitglied der Schweizermeisterschaften Reining 2025 und Pferdefrau durch und durch. Im Vorfeld der Schweizermeisterschaften Reining, die vom 16. bis 19. Oktober 2025 im französischen Mooslargue stattfinden, haben wir mit Adrienne Speidel, die ihren SM-Titel vom 2024 verteidigen will, gesprochen.

Adrienne Speidel mit Wimpysshortstride BB alias Stride anlässlich der Americana 2025 in Friedrichshafen. Foto: 8 Photo Agency.

Adrienne, was bedeutet dir die Teilnahme an der Schweizer Meisterschaft Reining als Athletin?
Die Schweizer Meisterschaft ist für mich jedes Jahr ein besonderes Turnier. Es treten die Besten der Besten an – das Niveau ist hoch, die Spannung gross. Es fordert einen heraus, auf den Punkt Leistung zu bringen. Letztes Jahr konnte ich den Titel holen – davor war meine Schwester erfolgreich. Dieses Jahr freue ich mich sehr darauf, meinen Titel zu verteidigen. Für mich ist es definitiv ein Highlight der Saison!

Wie bereitest du dich und dein Pferd auf diesen Event vor?
Meine Stute Wimpysshortstride BB, genannt Stride, ist 13 Jahre alt und gehört meiner Mutter, Ariane Speidel. Stride ist ein unglaublich gutes Pferd – erfahren, klug, aufmerksam und sie lässt sich nicht so schnell aus der Ruhe bringen. Sie war vorher mit Cira Baeck, die sie auch ausgebildet hat, und dann mit meiner Mutter im Sport. Jetzt habe ich das Glück, sie reiten zu dürfen.

Unser Trainingsplan ist bewusst reduziert: drei Ausritte pro Woche, dazu zwei gezielte Trainingseinheiten. Das reicht, um sie fit und in Form zu halten. Ich halte alle meine Sportpferde – wenn möglich – ganztags auf der Weide. Seit Anfang September ist Stride täglich draussen, meist mit einem zweiten Pferd. Das hält sie ausgeglichen und körperlich topfit.

Erzähl uns mehr über Stride – was macht sie besonders?
Stride ist eine beeindruckende Stute – eine wahre Alphastute, aber ohne aggressiv zu sein. Ihre Präsenz ist schlichtweg imposant. Sie ist immer zu 100 % bei der Sache und bringt eine gewisse Körperspannung mit, die man spürt. Ich liebe dieses Pferd – sie gehört zu den stärksten, die ich je geritten bin, und ich bin sehr dankbar, dass ich sie reiten darf. Ich hoffe, dass ich noch einige Jahre mit ihr im Sport verbringen kann. Unsere Beziehung ist besonders: Wir sind uns in vielerlei Hinsicht ähnlich – präsent und  zielgerichtet. Wir wissen beide, was wir wollen.

Was bedeutet dir der Pferdesport?
Der Pferdesport ist für mich zentral – er gibt mir Energie und Motivation. Ohne Turniere und sportliche Ziele würde mir etwas fehlen. Gleichzeitig bin ich mir sehr bewusst, wie unser Sport von aussen wahrgenommen wird – auch von Menschen, die nicht reiten oder aus anderen Pferdesport-Disziplinen kommen.

Mir ist wichtig, transparent zu zeigen, wie ich arbeite: pferdegerecht, mit bestem Wissen und Gewissen. Ich verlange nichts, was das Pferd nicht leisten kann – Gewalt oder Zwang haben bei mir keinen Platz. Ich bin offen für Feedback, Kritik und Austausch. Deshalb engagiere ich mich auch aktiv, unter anderem auch zum Beispiel mit meinem Buch «Das Geheimnis wahrer Reitkunst». Das Thema liegt mir sehr am Herzen.

Welche Trainingsphilosophie verfolgst du? Worauf achtest du besonders?
Mir ist wichtig, dass jedes Pferd korrekt und professionell ausgebildet wird. Ich habe ein grossartiges Team und bin der Meinung: Wenn ein Pferd nicht für den Sport geeignet ist, dann bekommt es eine andere Aufgabe – etwa als Freizeitpartner.

Die ersten Ausbildungsjahre übernimmt bei uns ein Profi. Die Erstausbildung habe ich nie gelernt und will sicherstellen, dass die Pferde die beste Grundlage bekommen. Ich steige dann später ein, wenn sie bereits Basisarbeit und Grundausbildung genossen haben. Die Weiterentwicklung übernehme ich sehr gern selbst. Auch meine eigene Weiterbildung ist mir sehr wichtig. Ich hole regelmässig Feedback ein, hinterfrage mich und möchte mich stetig verbessern – für die Pferde und für den Sport.

Wie bereits erwähnt, liegt mir auch die artgerechte Haltung am Herzen. Die Pferde stehen zwar Einzelboxen mit Auslauf, gehen jedoch regelmässig mit einem Artgenossen auf die Weide. Meine Philosophie: so einfach wie möglich. Pferde brauchen Bewegung, Wasser, Gras, Heu und Mineralstoffe – bei mir gibt es 24-Stunden Heu. Das ist die Basis.

Du bist nicht nur Athletin, sondern auch Teil des Organisationskomitees der SM. Was bedeutet diese Rolle für dich? Welche Herausforderungen seht ihr als OK?
Weil ich auch im OK bin, habe ich mich bewusst entschieden, nur ein Pferd mitzubringen – das reduziert den Stress. Im OK arbeiten wir als Team ohne grosse Hierarchie – das finde ich toll. Jeder übernimmt Verantwortung und unterstützt die anderen. Es ist ein sehr motiviertes, gut organisiertes Team, auf das ich mich verlassen kann.

Die grösste Herausforderung ist ganz klar das Finanzielle. Alles wird teurer – Richter, Fotografen, Videoleute, Essen, Anfahrten, etc.. Unsere Einnahmen über Mitgliederbeiträge decken das kaum. Wir müssen sehr haushalten. Glücklicherweise haben wir eine grossartige Frau, die sich streng, aber mit viel Herz um die Finanzen kümmert. Trotzdem mussten wir schon Anlässe streichen – das schmerzt. Es ist frustrierend, wenn Ideen am Budget scheitern. Umso dankbarer sind wir für Sponsoren und Gönner, die sich mit dem Sport identifizieren. Das berührt mich sehr und motiviert mich, weiter mit vollem Einsatz dabei zu sein.