Nachruf - Im Andenken an Jean-Pierre Kratzer: Abschied von einem Visionär der Schweizer Pferdewelt

Im Alter von 75 Jahren verstarb am 21. Februar 2025 Jean-Pierre Kratzer, Gründer und Präsident des IENA Avenches nach schwerer Krankheit. Mit ihm verliert die Schweizer Pferdewelt einen visionären Denker und unermüdlichen Schaffer, der mit seinem Werk ein einzigartiges Erbe für die Freunde des Pferdesports hinterlässt.

Jean-Pierre Kratzer am 25-Jahr-Jubiläum des IENA im September 2024 | © Fabienne Bujard

Jean-Pierre Kratzer wuchs als Bauernsohn im ländlichen Waadtland auf. In die Fussstapfen seines Vaters wollte er jedoch nicht treten und bewies sich im Berufsleben als geschickter Geschäftsmann und umsichtigen Manager, zuletzt als Westschweiz-Direktor der damaligen Credit Suisse. Die Faszination für die Pferde, insbesondere die Pferderennen, liess ihn nie los. So engagierte er sich für das Hippodrom in Yverdon und züchtete selbst Rennpferde mit dem Zuchtnamen «de Marza».

Eine entscheidende Wende nahm sein Leben als der Bund entschied, das Nationalgestüt in Avenches teilweise zu privatisieren. 142 Hektar Land sollten in private Hände übergehen, um für ein Projekt rund um das Pferd genutzt zu werden. Das Interesse des Visionärs Jean-Pierre Kratzer war geweckt: Der Rennsportliebhaber und Bankier entwickelte eine Perle für den gesamten Schweizer Pferdesport. Mit seinem Herzblut und seiner Cleverness begeisterte er Menschen und fand die erforderlichen Gelder für den Bau der Infrastruktur. Er erhielt den Zuschlag des Bundes für das Projekt und der Spatenstich erfolgte 1997. Nur zwei Jahre später, im September 1999 wurde das IENA mit einer grossen Feier eröffnet.

Als unermüdlicher Schaffer entwickelte Jean-Pierre Kratzer das IENA kontinuierlich weiter, um es zu dem zu machen, was es heute ist: das grösste Pferdesportzentrum Europas, mit erstklassigen Infrastrukturanlagen für alle Pferdesport-Disziplinen. Ein Ort, wo Pferdefreunde aus dem In- und Ausland zusammenkommen, um Pferderennen, Sport- und Zuchtveranstaltungen sowie Lehrgänge zu besuchen. Heute gehört der CCIO Avenches mit dem hochkarätigen Nationenpreis der Vielseitigkeit wie auch die nationalen Zucht- und Jungpferdemeisterschaften zu den absoluten Höhepunkten im Schweizer Pferdesportkalender.

Bei all seinem Schaffen behielt sich Jean-Pierre Kratzer die bodenständige Bauernmentalität bei und fällte so manche Entscheidungen im Alleingang. Er hat es jedoch auch immer verstanden, sich mit den richtigen Menschen zu umgeben, um seine Visionen umzusetzen. So entgegnete er auch dem Schweizer Pferdesport-Dachverband, der sich damals gegen das Projekt des heutigen IENA stellte: «Meine Tür steht immer offen.»

Heute sind das IENA und Swiss Equestrian Partner, die sich gemeinsam für den Pferdesport in der Schweiz engagieren. Der Präsident von Swiss Equestrian, Damian Müller, rühmt Jean-Pierre Kratzer und das Werk, das er hinterlässt: «Jean-Pierre Kratzer war seiner Zeit immer einen Schritt voraus. Er war ein unglaublicher Visionär und hat die Pferdesportlandschaft der Schweiz mit seinem Schaffen nachhaltig geprägt. Gemeinsam haben wir in den letzten Monaten eine Freundschaft und Vertrautheit aufgebaut, welche mich nachhaltig geprägt hat. Sein Wille, seine positive Sturheit zugunsten der Institution IENA und sein respektvoller Umgang waren stets beeindruckend. Er hinterlässt eine grosse Lücke und unvergessliche Erinnerungen. Swiss Equestrian wird alles daransetzen, dass sein Werk geordnet in neue Strukturen überführt wird, und wir das IENA zukunftstauglich und nachhaltig weiterentwickeln. Das sind wir ihm schuldig, als Pferdemensch und Freund.»

Swiss Equestrian drückt den Angehörigen und Freunden von Jean-Pierre Kratzer sein tief empfundenes Mitgefühl aus.