-Gastbeitrag-
Die Islandpferde-Weltmeisterschaften finden alle zwei Jahre statt und umfassen sowohl Sport- als auch Zuchtbewerbe. Ziel einer WM ist es, eine Veranstaltung zu organisieren, die es den Menschen ermöglicht, die Kultur und den Lebensstil rund um die Islandpferde zu erleben. An oberster Stelle steht dabei das Pferdewohl. Dies ist auch im Regelwerk der FEIF (International Federation of Icelandic Horse Associations) so dokumentiert und gilt weltweit als Grundlage für die Durchführung von Sport- und Zuchtprüfungen.
An der WM dürfen alle 31 Mitgliedsländer der FEIF teilnehmen. Für die Islandpferde-Weltmeisterschaften in der Schweiz gehen 19 Nationen an den Start, um einen der insgesamt 18 WM-Titel zu gewinnen. An den Islandpferde-Weltmeisterschaften gibt es kein Preisgeld oder Sachpreise. Die Freude und Leidenschaft für die vielseitigen Islandpferde sollen hier im Vordergrund stehen.
Qualifikationsmodus vereinfacht erklärt
Jedes Land ist selbst verantwortlich für die Qualifikationen seiner Pferde (mind. 6-jährig) und Reiter:innen und hat die Freiheit, die entsprechenden Kriterien für eine mögliche Qualifikation festzulegen. Jede teilnehmende Nation kann maximal sieben Pferd-Reiter-Kombinationen in der Erwachsenenklasse und fünf Kombinationen in der Juniorenklasse (Jahrgang 2004 bis 2009) zur Weltmeisterschaft entsenden. Darüber hinaus sind ehemalige Weltmeisterreiter von diesem Kontingent ausgenommen und dürfen im Auftrag ihres Landes antreten.
Für die Schweiz wurden die Qualifikationsnoten aus den Durchschnittsnoten der Weltmeisterschaften 2023 (8. Platz) und dem 30. Rang des aktuellen Worldrankings für die Erwachsenen definiert. Bei den Junioren ergeben sich die Selektionsnoten aus den Durchschnittsnoten der vergangenen zwei Weltmeisterschaften – grundsätzlich dem 5. Rang.
Doch bevor es an die Prüfungen geht, noch kurz eine Erklärung zu den zwei bekanntesten Gangarten, wofür die Islandpferde bekannt sind:
- Der Tölt
Der Tölt ist die Gangart, welche die Islandpferde besonders ausmacht. Der Tölt kann in verschiedenen Geschwindigkeiten geritten werden, vom langsamen Schritttempo bis fast zu Galoppgeschwindigkeit, wobei nicht jedes Pferd alle Tempi gleich gut beherrscht. Mit entsprechendem Training kann der Geschwindigkeitsbereich jedoch erweitert werden. Der Tölt ist ein reiner Viertakt mit acht Phasen, ähnlich dem Schritt, jedoch ohne Schwebephase, was ihn sehr bequem und geschmeidig macht. - Der Pass
Der Pass wird beim Islandpferd nur im Renntempo ausgeführt und weist eine klare Schwebephase auf, in der kein Bein den Boden berührt. Er ist ebenfalls ein Viertakt mit acht Phasen, wobei die Hinterbeine kurz vor den Vorderbeinen aufsetzen. Der Pass ähnelt in der Schrittfolge dem Tölt, verschiebt sich jedoch mehr in Richtung Zweitakt, da die diagonale Zweibeinstütze durch die Schwebephase ersetzt wird.
Die Prüfungen im Detail
Im Sport gibt es sieben Prüfungen, die an der WM durchgeführt werden. Bei allen gibt es einen WM-Titel für Erwachsene und Junioren. Zudem gibt es einen WM-Titel für die Fünfgang-Kombination (zusammengesetzt aus F1, T2 und P1, PP1 oder P2) und die Viergang-Kombination (zusammengesetzt aus V1 und T1 oder T2).
Die Sportprüfungen finden sowohl auf einer 250m Ovalbahn als auch auf einer geraden Passstrecke von mind. 250m statt. Die Zuchtprüfungen werden ausschliesslich auf einer mind. 250m geraden Strecke gezeigt.
Die Sportprüfungen:
T1 – Tölt
Das Reiterpaar hat drei Runden zur Verfügung, um die folgenden Gangarten in der folgenden Reihenfolge zu zeigen:
- Beginn in der Mitte der kurzen Seite und eine Runde im langsamen Tempo Tölt auf einer beliebigen Hand reiten. Nach einer Runde nach der Mitte der kurzen Seite durchparieren zum Schritt und Handwechsel.
- Von der Mitte der kurzen Seite bis zum Beginn der langen Seite im langsamen Tempo Tölt, auf der langen Seite soll das Tempo Tölt dann deutlich verstärkt werden und vor dem Erreichen der kurzen Seite wieder im Tempo zurückgenommen werden.
- Von der Mitte der kurzen Seite eine Runde im schnellen Tempo Tölt.
T2 – Tölt
Das Reiterpaar hat drei Runden zur Verfügung, um die folgenden Gangarten in der folgenden Reihenfolge zu zeigen:
- Tölt in beliebiger Geschwindigkeit eine Runde
- Langsamer, gleichmässiger und ruhiger Tölt. Nach einer Runde nach der Mitte der kurzen Seite in den Schritt durchparieren und Handwechsel.
- Langsamer bis mittlerer Tölt, wobei beide Zügel in einer Hand gehalten werden und deutlich gezeigt wird, dass kein Zügelkontakt mit dem Pferdemaul besteht.
Die Noten für Abschnitt 3 werden verdoppelt.
V1 – Viergang
Die Prüfung kann auf beliebige Hand geritten werden. Die Hand darf aber während der Prüfung nicht gewechselt werden. Das Reiterpaar hat viereinhalb Runden zur Verfügung, um die folgenden Gangarten in beliebiger Reihenfolge zu zeigen:
- Langsames Tempo Tölt
- Langsames bis mittleres Tempo Trab
- Mittelschritt
- Langsames bis mittleres Tempo Galopp
- Schnelles Tempo Tölt
Jede Gangart darf nur einmal gezeigt werden, der Schritt für eine halbe Runde und die anderen Gangarten für eine Runde.
F1- Fünfgang
Die Prüfung kann auf beliebige Hand geritten werden. Die Hand darf aber während der Prüfung nicht gewechselt werden. Das Reiterpaar hat viereinhalb Runden zur Verfügung, um die folgenden Gangarten in beliebiger Reihenfolge zu zeigen:
- Langsames Tempo Tölt
- Langsames bis mittleres Tempo Trab
- Mittelschritt
- Langsames bis mittleres Tempo Galopp
- Pass
Jede Gangart darf nur einmal gezeigt werden, der Schritt für eine halbe Runde und die anderen Gangarten für eine Runde. Der Pass wird nur auf den langen Seiten gezeigt. Die Noten für Tölt und Pass werden verdoppelt.
P1 – Passrennen 250m
Hier treten jeweils zwei Reiterpaare gegeneinander an und starten aus Startboxen. Die Pferde müssen sich von der 50m Marke bis zur 250m Marke im Rennpass befinden. Nur dann bekommen sie eine Zeit und der Lauf ist gültig.
Insgesamt gibt es vier Läufe (maximal zwei am selben Tag) und der schnellste Lauf zählt.
P2 – Speedpass 100m mit fliegendem Start
Beim Speedpass treten die Reiterpaare einzeln an. Der Start erfolgt fliegend. Will heissen, dass die Reiter ihr Pferd aus einer beliebigen Gangart in den Rennpass legen. Dies muss vor Startlinie geschehen. Anschliessend muss sich das Pferd für 100m im Rennpass befinden, damit die Zeit als gültig gewertet wird. Verlässt ein Pferd die Gangart vor der Ziellinie, so ist dieser Lauf ungültig. Es gibt insgesamt zwei Läufe und der beste Lauf zählt.
PP1 – Passprüfung
Auch die Passprüfung wird einzeln geritten. Dabei kommt das Reiterpaar im Schritt, Tölt oder Trab in die Trichterzone. Beim Erreichen dieser Zone wird das Pferd in den Galopp umgestellt. Zwischen der 25m und 50m Marke wird das Pferd in den Rennpass gelegt. Auch hier gibt es eine Note für das Legen in den Pass. Beim Überqueren der 50m Marke wird die Zeit gemessen. Zudem gibt es noch zwei Noten für die Passqualität und noch eine weitere Note für das Zurücknehmen des Pferdes aus dem Pass. Das Zurücknehmen erfolgt bei der 150m Marke. Um eine hohe Note zu erreichen, sollte das Pferd innert 50m wieder im Schritt sein.
Die Zuchtprüfung:
Für die Beurteilung der Reiteigenschaften gibt es zwei Durchgänge. Eine Exterieurbeurteilung findet an der WM nicht mehr statt. Hier nehmen die Pferde die Noten aus der Qualifikation mit. Der erste Durchgang der Reiteigenschaften wird einzeln geritten. Dabei steht dem Reiterpaar zehn Längen zur Verfügung. Nebst den Gangarten wird auch Form unter dem Reiter als auch die Rittigkeit bewertet. Bei den Gangarten Galopp und Tölt werden sowohl langsames als auch schnelles Tempo verlangt, um die Tempovarianz zu zeigen. Im zweiten Durchlauf befinden sich zwischen zwei bis drei Reiterpaare gleichzeitig auf der Strecke. In diesem Durchlauf stehen nur noch sechs Längen zur Verfügung. In die Endnote fliessen sowohl die Exterieurnoten als auch die Reiteigenschaften mit rein. Dabei werden die Exterieurnoten mit 35% gewichtet und die Reiteigenschaften mit 65%. Die Notenskala beläuft sich von 5 bis 10.